Domkuppel St. Blasien

Das Kolleg hat mein späteres Leben entscheidend beeinflusst – Heiner Geißler zum 50jährigen Abitursjubiläum im Kolleg St. Blasien, Juni 1999

Der Abiturjahrgang 1949 feierte im Juni 1999 sein Goldenes Abi-Jubiläum in St. Blasien. Altkollegianer Heiner Geißler hielt damals in diesem Rahmen eine Ansprache anlässlich seines 50jährigen Abiturjubiläums, die in der Folge im „Stellaner Informationsdienst“ (Nr. 289 7/1999) abgedruckt wurde. Zwischen humorvollen Anekdoten über Tanzkurse mit Mädchen, skurrilen Essensgewohnheiten, sonderbaren Transportmitteln und der dramatischen Entwicklung der Theaterproben von Goethes Faust, gewährt Geißler persönliche Einblicke in seine prägende Zeit am Kolleg zwischen 1946 und 1949. Er erinnert sich an seine Lehrer und Erzieher und seine ersten Begegnungen mit der katholischen Soziallehre. Eine Reise in die Vergangenheit, die Geißlers späteres Leben nachhaltig beeinflusst hat.

Zwischen der Tausend-Jahr-Feier des Klosters St. Blasien und – sagen wir mal – der Gründung der Narrenzunft „Der Gaudi-Hans“ gab es noch ein weiteres bedeutendes Ereignis, nämlich die Matura des Abiturjahrganges 1949 im Kolleg St. Blasien!

50 Jahre später, nämlich am 19. Juni 1999, treffen sich diese Abiturienten wieder in St. Blasien. Einer von ihnen war ich – wir hatten damals das landesweit beste Zentralabitur von ganz Südbaden gemacht: Die Kollegsleitung war mächtig stolz auf uns, vor allem Pater Rektor Otto Faller SJ, der aber seine Freude angemessen zu verbergen wusste. Er war nur ein bisschen freundlicher als sonst zu uns. Das Kolleg hatte einen guten Ruf: Das hing auch damit zusammen, dass eine ganze Reihe von hochkarätigen Lehrern, Studienräten, Oberstudiendirektoren, die der Krieg aus der Bahn geworfen hatte oder im Luftkurort St. Blasien Heilung von ihren Kriegsleiden suchten, aber exzellente Lehrer geblieben waren, von den Jesuiten für den Schuldienst engagiert wurden.

Eine schulische Elite versammelte sich am Kolleg.

Und so kam es, dass im Kolleg damals eine gewisse schulische Elite versammelt war, die sich durch hohe fachliche Qualität auszeichnete. Einer der berühmtesten unter ihnen war der Oberstudiendirektor Kill, der uns Mathematik beibrachte und sogar imstande war, mich zu einem Fan der Mathematik zu machen. Es existierte auch ein Chemieprofessor Benl, der uns das periodische System lehrte. Aber die Qualität der Schule wurde vor allem von den Jesuiten begründet, an ihrer Spitze Pater Faller, der lange Zeit Berater von Papst Pius XII. gewesen war und der jetzt mit durchgedrücktem Rückgrat durch die Gänge des Kollegs schwebte und sich uns Schülern als eine imposante Lehrergestalt darbot. Charakteristisch war der Schwung, mit dem er alle fünf Minuten mit dem Mittelfinger seine Brille, die sich nach vorn auf die Nase verlagert hatte, wieder in die richtige Lage befördert hatte…Er war, wie ich fand, ein exzellenter Pädagoge und großartiger Latein- und Griechischlehrer. Er war jedoch eine absolute Autorität, war streng, aber gerecht, freundlich und dennoch unnahbar.

Pater Wiedemann lehrte Deutsch und Geschichte, wobei er mangels gedruckter Literatur einen eigenen 400 Seiten dicken Abriss der neueren Geschichte fabrizierte, der heute noch in meinem Besitz und außerdem lesenswert ist. Pater Heitlinger lehrte Griechisch, Pater Adamek Latein und Dr. Lotz, der Bruder des Philosophieprofessors Johann Baptist Lotz SJ, gab den Sportunterricht und lehrte moderne Fremdsprachen. Genaralpräfekt war Pater Frank SJ, die Präfekten der Abteilungen des Jahrgangs 1949 waren Pater Kranz und Pater Nitzsche; ebenso P. Laszlo Ballay SJ, ein junger Ungar, dessen durch mangelnde Deutschkenntnisse begründeter Autoritätsschwund durch seine großartige Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit ausgeglichen wurde. Professor Fritz Kölble begann den Kollegschor aufzubauen, der Ende der 40er, Anfang der 50er weit über St. Blasien hinaus künstlerische Anerkennung erfuhr. Die Blaskapelle des Kollegs unter ihrem Dirigenten Schuster wurde zum Liebling aller Schüler und erfreute sich ungeheurer Popularität (einer der Bläser war frühzeitig Addi von Kerssenbrock, heute P. Kerssenbrock SJ in der Bronx von New York).

Wenn man liest, dass ein Schwerkriegsverletzter, nämlich der edle Reginbert von Seldendüren, ein Soldat, der in den Diensten Kaiser Heinrichs und Otto des Großen stand, nach seiner Genesung sein Vermögen den Benediktiner-Mönchen im Albtal vermachte und dadurch die ökonomische Basis für die Gründung des Klosters gelegt hatte, wird man daran erinnert, dass nach dem 2. Weltkrieg auch eine große Anzahl von ehemaligen Soldaten, die durch den Krieg gehindert worden waren, ihr Abitur zu machen, in St. Blasien dies nachgeholt hat.

Mädchen am Kolleg – erwünschte, aber unerfüllte Vorstellung

Unter den Neubürgern der Stadt war auch eine Reihe von Künstlern, die mit dem Kolleg zusammenarbeiteten und Musikunterricht gaben. In den ersten Jahren kam es oft zu hervorragenden Musikveranstaltungen, vor allem zu Kammermusikabenden, die von weltbekannten Künstlern wie Heinrich Schulnus gestaltet wurden.

Am 03.April 1946 war das Kolleg wiedereröffnet worden, und wenige Wochen danach begann der Unterricht mit 196 internen Schülern. Die damals 15- und 16jährigen, die in die Schule kamen, stellten dann den Abiturjahrgang des Jahres 1949. Im Jahre 1981 hatte das Kolleg 600 Schüler, heute etwa 800, davon 500 Externe. 1965 wurde das erste Mädchen in die Schule aufgenommen, 1971 waren es bereits 170, und seit dem Sommer 1989 gibt es sogar außer dem Internat für Jungen auch ein Internat für Mädchen, das in der völlig umgebauten alten Klostermühle eingerichtet wurde.

Für die Altblasier, die 1949 das Abitur machten, war dies damals eine zwar insgeheim erwünschte, aber noch unerfüllbare Vorstellung. Dabei gab es schon damals den Birklehof bei Hinterzarten, eine Dependance der Internatsschule von Salem, in der die Koedukation von Jungen und Mädchen bereits selbstverständlich war. Später entstand eine Partnerschaft zwischen dem Kolleg St. Blasien und der Mädchen-Schule und Internat Kloster Wald bei Sigmaringen, was zu regelmäßigen Begegnungen der jeweiligen Schülerinnen und Schüler der Kollegien führte.

In den Genuss dieser emanzipatorischen Entwicklung sind jedoch die Abiturienten des Jahrgangs 1949 nie gekommen. Irgendwo hatte aber die damalige Kollegsleitung, vor allem der Genaralpräfekt P. Frank gespürt, dass es ganz ohne Mädchen auch nicht geht, und so kam man auf die kühne Idee, einen Tanzkurs zu organisieren, der aber aus naheliegenden Gründen nicht in St. Blasien abgehalten werden sollte. Man kam schließlich auf die Idee, sogar einen Tanzkurs mit den Schülerinnen des Gymnasiums und Internats der Ursulinen in Freiburg durchzuführen. Zu diesem Zweck wurden die Leute aus der Oberabteilung eines Nachmittags auf den kollegseigenen Lastwagen verfrachtet und nach Freiburg hinuntergefahren. Die Veranstaltung wurde jedoch nach zwei „Begegnungen“ beendet, weil die Kollegianer sich offenbar derartig grobschlächtig aufgeführt hatten, dass die Mädchen sich weigerten, weiter an den Kursen teilzunehmen. Damit war dann das Experiment für die damaligen Schuljahrsabgänge vorerst erledigt.

Natürlich konnte der Drang nach dem weiblichen Geschlecht auch von den Jesuiten nicht unterdrückt werden. Die Natur bahnte sich mit Gewalt ihren Weg, das heißt, es gab bisweilen nächtliche Ausflüge in ein berühmtes Restaurant in Häusern, den „Albtalblick“, oder ins „Café EIl“ von St. Blasien, wo für manchen Kollegianer die ersten zarten Bande geknüpft wurden, was aber in einzelnen Fällen, nachdem es ruchbar wurde, zum Rausschmiss aus dem Kolleg führte.

Bei Goethes Faust entwickelte sich eine fast tragische Dramatik

Eine besondere Dramatik entwickelte sich anläßlich des Versuches der Abiturklasse 1949, unter der Regie des schon erwähnten und berühmten Pater Wiedemann, Goethes Faust 1. Teil zum Goethejahr von vor 50 Jahren aufzuführen. Während ich selber, der den Wagner als das Faktotum aus der ersten Szene des ersten Aktes spielen sollte, wegen schauspielerischer Unfähigkeit zum ‚zweiten Beleuchter‘ degradiert wurde, gab es in der Klasse herausragende Interpreten des Faust und des Mephisto. Die jesuitische Theaterintendanz machte jedoch den entscheidenden Fehler, anstatt das Gretchen aus jüngeren Jahrgängen des Kollegs zu rekrutieren, ein leibhaftiges Mädchen, eine schöne Bekannte unseres Faustdarstellers, als Schauspielerin zu engagieren. Was schließlich zu Liebes- und Eifersuchtsdramen mehrerer Hauptdarsteller führte und schließlich mit einem Selbstmordversuch im eiskalten Albfluss in einer Februarnacht des Jahres 1949 endete. Die weitere Theaterarbeit wurde daraufhin von der höchsten Kollegsleitung gestoppt und die beteiligten Darsteller gezwungen, sich wieder auf das Abitur im Sommer 1949 vorzubereiten.

Per Lastwagen mit Holzvergaser vom Schluchsee nach St. Blasien

Die Kollegsjahre von 1946 bis 1949 erinnerten zwar nicht gerade an den Wilden Westen, hatten aber doch einen Hauch von Pionierzeit aufzuweisen. Das begann schon mit der Anfahrt. Man fuhr mit der Eisenbahn nach Schluchsee, wobei zu Schulbeginn und Schulende jeweils ein Kurswagen ab Donaueschingen beziehungsweise Freiburg an den Zug angehängt wurde, in den die Kollegianer von ihren Wohnorten aus bequem zusteigen konnten. Diesen Komfort verdankten wir dem Umstand, dass der Bruder von P. Heitlinger der Bahnhofsvorstand in Donaueschingen war und von jenem zu dieser Vergünstigung bewogen werden konnte.

Mit der Eisenbahn konnte man also, wie gesagt, nur bis Schluchsee fahren. Von dort aus wurde man vom Kolleg mit einem Lastwagen abgeholt, und als ich zum ersten Mal 1946 dort ankam, war ich tief beeindruckt. Der Lastwagenmotor wurde von einem Holzgaskocher betrieben – ein Ungetüm auf der Ladefläche hinten schluckte zentnerweise kleine Holzstückchen, die nach einem unerfindlichen Verfahren in Gas verwandelt und einem Verbrennungsmotor zugeführt wurden, der heute mit Sicherheit schon auf zwei Kilometer Abstand vom TÜV aus dem Verkehr gezogen werden würde. Aber das Auto schaffte alle Steigungen und von Häusern an ging es ohnehin nur noch bergab ins Albtal hinunter. Damals sah ich in der Abendsonne zum ersten Mal die Kuppel des Domes von St. Blasien. Die vergoldete Kugel auf der ‚Spitze‘ sieht von unten wie ein kleiner Ball aus, sie ist jedoch so geräumig, dass darin, wie es in der ersten Baubeschreibung heißt, „ein Schuster mit seinem Lehrling darin arbeiten kann“. Natürlich sind einige wenige von uns während der Kollegszeit verbotenerweise in diese Kugel aufgestiegen, wobei das Hauptproblem darin bestand, beim Erklettern der die Kuppel tragenden, gebogenen inneren Holzgerüste nicht danebenzutreten, weil man dann durch den Stuck hindurchgestürzt und rund 60 m tief vor dem Hochaltar gelandet wäre…

In St. Blasien haben auch einige von uns das Skifahren gelernt. Wir fuhren damals noch mit Holzskiern und der Verschleiß war entsprechend, die Technik miserabel. Aber schon damals ging es mit Rasanz das ‚Fahler Loch‘ hinunter und auf den Feldberg wieder hinauf, ohne Steighilfe, und nach St. Blasien zurück – alles an einem Tag, denn meistens war es bei den Skiausflügen nicht erlaubt, im Caritashaus auf dem Feldberg zu übernachten, obwohl die Schwestern gern für die Kollegianer aus St. Blasien die Tore ihres Caritasheimes weit aufzumachen bereit waren. Erkältungskrankheiten im Winter wurden damals dadurch auskuriert, dass man an einem Tag auf den Feldberg rannte, dadurch eine Schwitzkur absolvierte und am Abend gesund wieder im Kolleg ankam.

Lebensmittel-LKW aus dem Vatikan

Die Jahrgänge 1946 bis 1949 erlebten auch insofern Pionierzeiten, als an den Kollegianern ausprobiert wurde, was für den Menschen gerade noch essbar ist. In den ersten zwei Jahren, 1946 und 1947, hatten wir ständig Hunger, und das Hauptproblem der Kollegsleitung bestand darin, für rund 200 Jugendliche und Heranwachsende das nötige Essen zu beschaffen. In ihrer Not verfiel sie auf die Idee, uns tagelang eine Kartoffelfrucht namens Topinambur vorzusetzen, deren Verzehr wegen ihres ekelhaften Geschmacks bei vielen zu Übelkeit, Erbrechen und Schlimmerem führte. Seit dieser Zeit wird sie nur noch zum Schnapsbrennen und zur Schweinemast verwendet. Ausgleich gab es dadurch, dass es einmal in der Woche, nämlich am Samstag, unbeschränkt Eintopf zu essen gab, in der Regel Erbsen- oder Linseneintopf. Die Leute schlugen sich die Bäuche voll, dass sie sich vom Esssaal nur noch zu ebener Erde in den Patresgarten schleppen konnten und dort zunächst zwecks Verdauung zwei Stunden liegen blieben.

Eine kulinarische Abwechslung gab es durch die sogenannten ‚Papstwecken‘. Der Direktor des Kollegs, P. Otto Faller SJ, war während des Krieges engster Berater von Pius XII. in Rom gewesen, so dass dieser deutschfreundliche Papst regelmäßig Lebensmittel per Lastwagen mit Vatikan-Kennzeichen von Rom nach St. Blasien schickte. So gab es u.a. sonntagabends immer für jeden zwei dieser Papstwecken mit Apfelkompott. Erst 1948/49 wurde die Kollegsverpflegung dann besser.

Die Ziegelfeld-Affaire: ‚Bärenstarke Roßknechte‘

Das Kolleg ging damals auf Nummer sicher und legte einen eigenen riesigen Kartoffelacker auf dem sog. Ziegelfeld an, der, als die Feldfrüchte reiften, im Herbst nachts von Kollegianern bewacht werden sollte. Diese Wachen wurden im Herbst 1947 eines nachts von angeblichen ‚Roßknechten‘ aus Ibach überfallen und windelweich gehauen. Die Fahndungen verliefen jedoch ergebnislos, bis eines morgens in einer Schlucht zusammengefaltete Seiten mit Griechisch-Vokabeln gefunden wurden – offenbar von einem der Roßknechte als Huteinlage verwendet worden. Durch akribische Schriftvergleiche des Griechischlehrers wurde der Inhaber des Schriftstücks identifiziert und die vier ‚Roßknechte‘ wurden als Oberstufen-Kollegianer enttarnt.

Erste Begegnung mit der Katholischen Soziallehre

Ich will es bei diesen persönlichen Erinnerungen belassen. Es ist natürlich noch wesentlich mehr passiert. Nicht jeder war als Kollegianer gleichermaßen glücklich, aber die allermeisten haben ihre alte Schule in bester Erinnerung und ihre innere Beziehung nie abgebrochen. Ich selber war vom Kolleg und vor allem von den Erziehern und Lehrern, den Jesuitenpatres, begeistert. Wir bekamen eine sehr gute schulische Ausbildung, und die persönlich-charakterliche Erziehung im Internat hat sich für die allermeisten für ihren späteren Beruf und Lebensweg positiv ausgewirkt. In St. Blasien erfuhr ich zum ersten Mal Näheres über die katholische Soziallehre, was mein späteres Leben entscheidend beeinflussen sollte. Wir lernten hier auch die großen Philosophen des Ordens, von Nell-Breuning, Hirschmann, Lotz, um nur einige zu nennen, aus nächster Nähe kennen… Ich bin daher meiner alten Schule dankbar, dass sie mich auf mein späteres Leben gut vorbereitet hat. Sie hat meinen Horizont, wie es sich für Jesuiten gehört, erweitert, internationale Perspektiven aufgezeigt und soziale Verantwortung eingeübt.

Aus dem Kolleg kamen keine verklemmten Spießer, sondern gedanklich weltoffene junge Menschen, die sich allerdings auf die Freiheit des Studentenlebens freuten, die sie im Kolleg (noch) nicht bekommen konnten. Heute ist die Erziehung am Kolleg lockerer und das hat sicher auch seine Vorteile. Ich persönlich habe sehr gute Erinnerungen an diese Zeit, an die Menschen, die mich erzogen und gebildet haben. Ich habe, nicht nur unter meinen Klassenkameraden, viele Freunde gewonnen, wofür ich ebenfalls dankbar bin, und möchte die Jesuiten ermuntern, das Kolleg St. Blasien nie aufzugeben. In der Bildungslandschaft des Südwestens Deutschlands würde sonst eine großartige Bildungseinrichtung fehlen, die nur schwer durch eine andere Schule ersetzt werden könnte.

(Foto: Altkollegianer Wolfgang Stahl)

Der Originaltext, zuerst veröffentlicht im „Stellaner Informationsdienst“ 07/1999, wurde der Rechtschreibreform gemäß aktualisiert, einige Schreibweisen jedoch belassen.

Autor

  • Heiner Geißler

    Heiner Geißler (1930-2017) war zwischen 1946 und 1949 am Kolleg. Er wurde Jurist und deutscher Politiker. Er spielte eine bedeutende Rolle in der deutschen Politik und war unter anderem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit und von 1977 bis 1989 Generalsekretär der CDU. Bekannt für seine klare Meinungsäußerung und seine Fähigkeit, über Parteigrenzen hinweg zu arbeiten, galt Geißler als eine respektierte Persönlichkeit im politischen Geschehen. Sein Engagement erstreckte sich auch über politische Ämter hinaus, und er setzte sich für soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz ein. Ab 1997 vermittelte Geißler als Schlichter in verschiedenen Tarifkonflikten. Nach seinem Abitur 1949 am Kolleg trat er als Novize dem Jesuitenorden bei. Nach vier Jahren verließ er ihn, bevor er dauerhaft die Ordensgelübde Armut, Keuschheit und Gehorsam hätte ablegen sollen: „Mit 23 Jahren habe ich gemerkt, ich kann zwei – also mindestens eins – dieser Gelübde nicht halten. Die Armut war es nicht.“ (Interview, Frankfurter Rundschau, 3. März 2010). (Fotonachweis: Dr. Heiner Geißler)